Alevit:innen

Portrait: Förderverein Alevitische Kultur

Vereinszweck, Besonderheit

Der Förderverein Alevitische Kultur (FAK) in der Dergâh Bern setzt sich für den Erhalt von Alevitischer Kultur, Tradition und Religion sowie für die Aufarbeitung der Geschichte ein. Ziel des Vereins ist es, langfristig für Alevit:innen jeden Alters in der Schweiz einen Versammlungsort zu sein.


Organisation und Mitglieder

Die Gemeinschaft in Bern und Umgebung wächst schnell und umfasst derzeit ca. 130 – 150 Mitglieder. Der Verein wird durch einen ehrenamtlichen Vorstand geleitet.

Kontakt

Förderverein Alevitische Kultur
Europaplatz 1
3008 Bern
E-Mail: info@aleviten.ch

Ansprechperson
Kemal Tunc
Präsident Förderverein Alevitische Kultur

aleviten.ch

Raum

Die Dergâh ist der zentrale Versammlungsort der Alevit:innen. Sie dient den Alevit:innen sowohl als Sakralraum für religiöse Rituale wie auch als sozialer und kultureller Begegnungsort.


Raumgestaltung und Symbolik

Alevit:innen haben einen starken Naturbezug und betrachten die Natur mit all ihren Wesen und Erscheinungsformen als Manifestationen Gottes. Traditionell haben Alevit:innen keine Sakralräume sondern kennen heilige Orte in der Natur wie Berge, Quellen, Flüsse, Wälder und Bäume. Diese Naturorientierung widerspiegelt sich in der Architektur des Dergâhraumes, wo neben den heiligen Elementen von Feuer und Licht, Luft und Wind, Wasser und Erde auch die bedeutsamen Zahlen 12 und 7 in die Gestaltung des Raumes mit aufgenommen wurden. Das prominente in der Bild Dergâh «Tîja Homete» versinnbildlicht den alevitischen Glauben in seinen verschiedenen Facetten. Das Bild ist eine einzigartige Schöpfung und wurde speziell für diesen Raum erschaffen. Es misst 200 x 250 cm. und wurde von dem berühmten Schweizer Maler Oskar Weiss erschaffen.

Architekt: Patrick Thurston
Grösse: 170 m2
Platz: max. 120 Personen

Raumnutzung

Die Alevit:innen treffen sich am Sonntag ab 10 Uhr regelmässig in der Dergâh zum gemeinsamen Brunch und zu verschieden Ritualen, sozialen und kulturellen Aktivitäten. An anderen Tagen treffen sich Gemeindemitglieder zu Veranstaltungen wie beispielsweise dem Frauen-Treff, dem Kinderchor, Saz-Kursen, Sprachkursen sowie anderen besonderen Anlässen wie Trauungen und Trauerfeiern.
Der Versammlungsraum ist öffentlich zugänglich. Interessierte dürfen gerne eintreten und sich umsehen. Ausserdem kann der Raum für private religiöse oder kulturelle Anlässe gemietet werden.

Religion: Alevitentum

Alevit:innen sind vor allem in der Türkei und im Balkan verbreitet. Auch in Aserbaidschan und in Syrien gibt es alevitische Gemeinschaften.


Ursprünge

Das Alevitentum ist in einem Jahrtausende andauernden Prozess entstanden, was sich heute in einer sehr heterogenen Glaubensgemeinschaft zeigt. Der Begriff Alevit:innen ist eine Fremdbezeichnung und entstand gegen Ende des 19. Jahrhunderts als Sammelbegriff für die Vielfalt an religiösen Praxen in der ostanatolischen Region. Viele Alevit:innen distanzieren sich von dieser Begreiflichkeit . Alevit:innen waren während vieler Jahrhunderte von Ächtung, Verfolgung, Massakern und einer Assimilationspolitik ausgesetzt, was teils auch heute noch der Fall ist. Nähe und Abgrenzung zur in Anatolien vorherrschenden sunnitischen-islamischen Glaubenstradition prägen die Situation der Aleviten bis heute.

Allgemeine Glaubensinhalte

Wir verorten uns in der kurdisch-geprägten Richtung der «Raya/Riya Heq» (Weg der Wahrheit) und verstehen uns als eigenständigen Universalglaube. In dieser Auffassung ist die Wahrheit nicht absolut, sondern man begibt sich auf den mystischen Weg nach der Suche der Wahrheit. Was einem auf dieser Suche begegnet, kann von Mensch zu Mensch unterschiedlich aufgefasst werden und sich mit der Zeit auch verändern. Eine Gottheit im monotheistischen Sinne existiert nicht unbedingt. Alevit:innen sehen den ganzen Kosmos als eine Einheit. Alle Wesen sind eine Manifestation Gottes und Gott ist in allen Wesen immanent.
Gemäss dem Verständnis der Raya/Riya Heq trägt der Mensch die Verantwortung für sich selbst und für das ganze Leben in der Natur. Das Konzept von Himmel und Hölle demgegenüber ist nicht bekannt. Der Mensch muss die harmonische Ordnung respektieren, indem er drei Prinzipien nachlebt: Gutes Denken, gutes Sagen, gutes Tun. Nach der Auffassung der Raya/Riya Heq hat unser Glaube keine bestimmte Anfangszeit und keine bestimmte prophetische Hauptfigur. Alles hat mit dem Ursprung des sozialen Lebens angefangen.
Im Raya/Riya Heq kennt man eine Gruppe von religiösen Gelehrten wie die „Pir-Rayber-Ana“ , welche über die Jahrhunderte in mündlicher und musikalischer Überlieferung das Überleben dieses Glaubens gesichert haben. Unter diesen Gelehrten gibt es eine erworbene und weitergegebene religiöse Kompetenz, aber keine eigentliche Hierarchie. Hierarchien werden zurückgewiesen.
Raya/Riya Heq kennt kein heiliges Buch wie andere grosse monotheistische Traditionen. Für uns ist der Mensch selbst das heilige Buch. Die Alevit:innen haben ihre Lebensphilosophie und ihr Glaubenssystem durch mündliche Überlieferung mittels Erzählungen, Musik, Poesie dem jeweiligen Zeitgeist entsprechend weitergegeben.


Feiertage und Rituale

Die «Cem-Zeremonie» ist das zentrale religiöse Ritual der Alevit:innen. Unter der Leitung des Pir, des Rayber und der Ana wird die sogenannte «Semah», eine Tanzritual von den teilnehmenden Männern und Frauen, aufgeführt . Dabei wird ein Zustand der spirituellen Versenkung erreicht, in welchem Harmonie innerhalb der Gemeinschaft hergestellt wird.

Bildungsangebote
Alevitentum

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